Geschlechtergerechtigkeit in der sozial-ökologischen Transformation
Der Vierte Gleichstellungsbericht der Bundesregierung liefert konkrete Handlungsempfehlungen für eine geschlechtergerechte Ausrichtung der sozial-ökologischen Transformation. Wie können diese Empfehlungen nun in die Praxis umgesetzt werden? Genau darüber diskutierten Sachverständige des Vierten Gleichstellungsberichts mit Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Praxis bei der Tagung „Geschlechtergerechtigkeit in der sozial-ökologischen Transformation“, die am 22. und 23. Mai 2025 in der Akademie für Politische Bildung in Tutzing stattfand.
Die Tagung thematisierte insbesondere Handlungsempfehlungen für die Stadt- und Raumentwicklung, Wohnen und Energienutzung sowie für den Arbeitsmarkt. Zudem wurden die aktuellen politischen Rahmenbedingungen beleuchtet. Mit dabei waren unter anderem Prof. Dr. Sigrid Boysen, Dr. Andrea Bues, Dr. Peter Bleses, Dr. Immanuel Stieß, Ulrike Röhr, Dr. Ulrike Spangenberg, Dr. Anke Stock, Dr. Tessa Hillermann, Dr. Giulia Mennillo, Magdalena Polloczeck, Bernhard Stiedl, Daniela Schneckenburger und Astrid Schaffert.
Auf dem Panel zur Stadt- und Raumentwicklung ging es insbesondere um das Konzept der Caring Cities, das die oft getrennten Aspekte der Sorge für Menschen und Sorge für den Planeten verbindet. Auf kommunaler Ebene gibt es bereits Erfahrungen und Ansätze für die Berücksichtigung der Bedarfe aller Geschlechter (Gender Planning), die durch Maßnahmen zum Klimaschutz ergänzt werden könnten. Die Umsetzung setzt ressortübergreifendes Arbeiten voraus: in den Kommunen, aber auch auf Länderebene. Ein Beispiel dafür: die Gleichstellungsstrategie des Saarlandes, in der unter anderem Mobilität und Gleichstellung unter Einbeziehung von Gesundheitsdaten zusammengeführt wurden. Zudem braucht es gute Beteiligungsprozesse und Konfliktlösungen in Entscheidungsprozessen und im Quartier, denn der Wechsel vom Parkplatz zu Grünflächen kann zu Konflikten führen.
Ein weiteres zentrales Thema: Wohnen und Energienutzung. Mit steigenden CO₂-Preisen steigen auch die Kosten für Heizung und Warmwasser. Besonders betroffen sind Menschen mit geringen Einkommen – darunter viele alleinlebende Frauen, Rentnerinnen und Alleinerziehende in unsanierten Altbauten. Die soziale Abfederung der steigenden Kosten allein genügt hier nicht. Notwendig ist es zudem, genau diese Menschen beim Wechsel zu klimafreundlichen und bezahlbaren Alternativen zu unterstützen, zum Beispiel durch Programme für die energetische Sanierung im Gebäudebestand sowie eine bessere Infrastruktur, wie etwa Fernwärme aus erneuerbaren Energien. Aktueller Anknüpfungspunkt: die Mittel des Europäischen Klimasozialfonds und der derzeit erarbeitete Klimasozialplan.
Auf dem Arbeitsmarkt muss neben der Förderung oder Entlastung emissionsintensiver Branchen und Unternehmen der für den Strukturwandel zentrale frauendominierte Bereich der sozialen Dienstleistungen stärker berücksichtigt werden. Neben Investitionen in Gesundheits-, Bildungs- und Erziehungsinfrastruktur, sind außerdem Angebote Weiterbildung und Qualifizierungsangebote notwendig, die allen Geschlechtern Beschäftigungsperspektiven eröffnen. Ein wichtiges Instrument dafür ist das Qualifizierungsgeld. Zudem spielen Tarifverträge und Gewerkschaften eine zentrale Rolle für gute Arbeitsbedingungen und eine gerechte Gestaltung des Wandels.
Eine geschlechtergerechte sozial-ökologische Transformation ist kein Nice-to-have sondern ein verfassungsrechtlich verpflichtender Auftrag. Für die Umsetzung braucht es starke Allianzen – gerade auch auf kommunaler Ebene. Und es braucht Erfahrungsaustausch – auch innerhalb der Mitgliedsstaaten. Es braucht aber auch staatliche Regelungen, Strategien und Programme, die Klimapolitiken und Geschlechtergerechtigkeit zusammenführen. Daher muss zum Beispiel das neue Klimaschutzprogramm gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen einbeziehen und die über das neue Sondervermögen finanzierten Investitionen müssen sozial gerechte Klimapolitiken befördern sowie Geschlechtergerechtigkeit mitdenken.
Hier geht es zum Programm der Tagung.
Ort: Akademie für Politische Bildung, Buchensee 1, 82327 Tutzing
Die Tagung war eine Kooperation von Akademie für Politische Bildung und Bundesstiftung Gleichstellung unter der Leitung von Dr. Giulia Mennillo und Dr. Ulrike Spangenberg.